Denkt man an Pforzheim, denkt man zuerst natürlich an die Schmuck- und Goldstadt. Dann vielleicht daran, dass die Stadt von den Römern gegründet und bereits 1067 in einem Dokument König Heinrichs IV. erstmals urkundlich erwähnt wurde. Musicalbegeisterten ist aber auch das Theater in Pforzheim ein Begriff und der Name Chris Murray. Der Musicalsänger trat hier schon in vielen Produktionen auf. Legendär ist vor allem seine Rolle im Musical »Dracula«, und wenn er ein Weihnachtskonzert ankündigt, so ist dies meist sehr schnell ausverkauft.
So war es auch in diesem Jahr. Kein Wunder, denn diese Konzerte, die es schon seit fast 10 Jahren hier gibt, sind nicht nur besinnlich, weihnachtlich, manchmal nachdenklich, sondern auch fröhlich und machen deshalb viel Spaß. Das Programm umfasst Weihnachtslieder ebenso wie Musicalsongs und so begann es mit ›Rocking Around the Christmas Tree‹ und ›Jingle Bells‹, wobei es dazu gleich ein bisschen Wissenswertes gab, nämlich das Jingle Bells eines der ältesten säkularen Weihnachtslieder ist, das schon 1857 komponiert wurde.
Mit ›Ich leb nur, weil es dich gibt‹ erinnerte der Sänger dann das Publikum an »Dracula« (das in Pforzheim legendäre 49 ausverkaufte Vorstellungen spielte), dem noch ›Chestnuts Roasting on an Open Fire‹ auch bekannt als ›The Christmas Song‹, folgte.
Helena Lenn spielt zurzeit in Nürnberg in dem Musical »Nuremberg 45«. Sie sang daraus ›Stein für Stein‹. Das Musical wurde von Philipp Polzin (zusammen mit Christian Dellacher) komponiert, der an diesem Abend auch die Sängerinnen und Chris Murray am Klavier begleitete. Philipp Polzin gehört quasi zum »Team Murray«, musste aber letztes Jahr zuhause bleiben, da die Geburt seines zweiten Kindes bevorstand. Das Publikum freute sich sichtlich, ihn wieder zu begrüßen.
Mit dem Lied der Schwester Mary Roberts ›Die Welt, die ich nie sah‹ aus »Sister Act« bewies Lenn auch gleich, dass sie nicht nur großartig singen, sondern auch schauspielern kann.
Mit ›Will the Sun Ever Shine Again‹ (von Alan Menken) stellte Murray dann auch die zweite Sängerin des Abends vor, seine Tochter Noelle. Das Publikum aus Pforzheim kennt Noelle, seit sie 14 Jahre alt war, denn schon da stand sie mit ihrem stolzen Vater auf der Bühne. Inzwischen ist sie zur jungen Dame herangewachsen und beweist, dass sie Papas Talent für die Bühne geerbt hat.
›Das Herz ganz heiß‹ ist ein Lied Sarastros aus der »Zauberflöte« von Frank Nimsgern. Murray wird ab Januar im neu eröffneten Metronom Theater in Oberhausen und später im Festspielhaus Neuschwanstein in Füssen in diesem Stück die Rolle des Sarastro singen.
Fröhlich sind auch immer die Geschichten, die aus dem großen Buch vorgelesen werden. Diese Tradition, die es in Amerika nicht gibt, findet der Sänger einfach großartig, und so gab es denn auch als erstes die etwas makabre Adventsgeschichte von Loriot zu hören, in der die Frau des Försters kleine Geschenke verteilt.
Mit ›Rudolf the Red-Nosed Reindeer‹ ging es dann fröhlich weiter, gefolgt von einem Song von Billy Joel: ›Lullaby‹. Mit ›Into the Unknown‹ entführten Noelle und Lenn in den Film ›Frozen2‹ und bewiesen eindrücklich ihre stimmlichen Qualitäten. Dazu passend ging es mit allen ins ›Winter Wonderland‹.
Ein Lied aus dem Musical »Die Päpstin« passt wunderbar in die jetzige Zeit: ›Hinter hohen Klostermauern‹. Und wie jedes Jahr ging es mit ›Iss sie doch‹ (eine weihnachtliche Variante von ›Kiss the Girl‹ aus »Arielle«) in die Pause. Denn, das Problem kennen wir doch alle, schon sehr früh stehen die Weihnachtsplätzchen in den Supermärkten ‒ und man fragt sich, kaufen oder nicht. Dem Publikum schmeckten die Kekse jedenfalls.
Auch nach der Pause konnten sich die Zuschauer direkt mit ›An Evening in December‹ auf Weihnachten einstellen. ›Sterne‹ stammt aus dem Musical »Les Misérables« und dazu wurden im Zuschauerraum kleine blinkende Lichter verteilt, die für die passende Stimmung sorgten.
Dann ging es weihnachtlich weiter mit ›Have Yourself a Merry Little Christmas‹ von Lenn, ›When Christmas Comes to Town‹, gesungen von Murray und Tochter Noelle, und ›Believe‹, beides aus dem Film »Polarexpress«, gesungen von Murray.
Die zweite Lesung, wie schon beim ersten Mal mit Murray und Polzin, sollte dann in Mundart kommen, doch während man den Berliner Dialekt von Murray noch ganz gut verstehen konnte, ist das Kölsch, das Polzin beherrscht, leider nicht wirklich verständlich. Dafür ernteten die beiden aber bei ihrem Versuch jede Menge Lacher.
Auch Olaf aus der »Eiskönigin« und sein Lied ›Im Sommer‹ gehören fest ins Repertoire. Dieses Jahr allerdings hatte Olaf wohl keine Lust, nach Pforzheim mitzukommen, und so gab es nur einen sehr kleinen Olaf und einen Schneemann-Cousin als Ersatz.
Dass Polzin nicht nur großartig die Sänger:innen am Klavier begleiten kann, bewies der dann mit einem Präludium von Bach als Solo am Klavier.
Bedrohlich wurde es mit ›Schatten auf des Königs Palästen‹ aus dem Musical »Ludwig²«, eine Rolle, die Murray in Füssen spielt. Aus der derzeitigen, wunderschönen Produktion »Der Geist der Weihnacht« folgten gleich drei Lieder: Das Terzett ›Diese Nacht soll niemals enden‹ (Lenn, Polzin, Murray), ›Was habe ich getan‹ (Murray) und ›Ein neues Leben‹ (alle).
Noch einmal kamen die kleinen Lichter zum Einsatz, denn jetzt wurde es mit ›Stille Nacht‹ ganz besinnlich. Das Publikum durfte auch mitsummen und -singen und bewies mal wieder, dass es auch musikalisch und textsicher ist.
Unglaublich, wie schnell fast drei Stunden vorbei sind, wenn man Murray und seinen Mitstreitern zuhören und -schauen darf. Natürlich forderte das begeisterte Publikum Zugaben, die es dann auch gab: Zunächst Lenn mit ›Der Zauberer und ich‹ aus dem Musical »Wicked«, dann ›A million dreams‹ aus »The Greatest Showman«, gesungen von Vater und Tochter Murray. ›Dies ist die Stunde‹ aus »Jekyll und Hyde« war wie viele andere Lieder des Abends vom Publikum gewünscht worden, denn dieses war über die Social -Media-Kanäle aufgefordert worden, sich Titel zu wünschen. Und einer der meistgewünschten Titel war auch ›Grandma Got Run Over by a Reindeer‹ (dessen vermeintlich schaurig-traurig-lustige Geschichte es zuvor für alle, die nicht so gut Englisch können, ins Deutsche übersetzt gab). Mit dieser heiteren Nummer wurde das Publikum beschwingt in eine hoffentlich schöne Weihnachtszeit entlassen ‒ bis zum nächsten Jahr!