»& Julia« Sing Along in Hamburg: »Oh, war das wunderbar!«

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Vorerst drei »Sing-along-Shows« wurden von der Stage Entertainment in den aktuellen »& Julia«-Spielplan eingepflegt. Links und rechts der Bühne waren LED- Herzen anmontiert und immer, wenn diese aufleuchten, durften die Zuschauerinnen und Zuschauer in dieser besonderen Vorstellungsvariante lautstark mitsingen! Die ausgewählten Songs wurden von der Regie sorgfältig gewählt und lassen den wichtigen Spielmomenten der Produktion den Raum, den sie brauchen, damit sich auch die Sing-along-Vorstellung gut entwickelt. Einigen der teilweise heute leicht neurotisch anmutenden Musicalfans scheinen aber auch diese stillen Momente zu still zu sein und sie müssen auch dort unentwegt mitsprechen oder gar schief mitsingen – die große Menge der Gäste hielt sich aber an die gut platzierten Vorgaben und der Abend wurde so einfach phänomenal!

Was wäre, wenn Julia (brillant gesungen und gespielt von Chiara Fuhrmann) aus Shakespeares »Romeo und Julia« am Ende nicht gestorben wäre?

Im Zentrum der Handlung steht nicht etwa der tragische Tod junger Liebender, sondern das Gegenteil: Selbstermächtigung, Neubeginn und die Freiheit, das eigene Leben in die Hand zu nehmen.

Die Geschichte beginnt mit William Shakespeare selbst (sehr unterhaltsam: Riccardo Greco), der gerade das Ende seines berühmten Dramas vor Publikum aufführt. Doch seine Frau Anne Hathaway (stark gespielt und top gesungen von Louisa Heiser) – ebenfalls wortgewandt und kreativ – unterbricht ihn. Sie hält das traurige Ende für überholt und schlägt eine alternative Version vor: Julia überlebt und schreibt ihre eigene Geschichte weiter.

In dieser neuen Handlung erwacht Julia nach Romeos Tod – und anstatt sich das Leben zu nehmen, beschließt sie aufzubrechen. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin May (Bram Tahamata) und ihrer warmherzigen Amme Angelique (Jaqueline Braun) reist sie nach Paris, um dort ganz neu zu beginnen.

Dort trifft sie auf François (Oliver Edward), einen jungen Mann, der selbst mit gesellschaftlichen Erwartungen und den Vorstellungen seines strengen Vaters kämpft. Zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Romanze – doch Julia merkt schnell: Sie ist nicht auf der Suche nach einer neuen Liebe, sondern nach sich selbst.

Parallel zur Handlung kommentieren Shakespeare und Anne das Geschehen immer wieder – sie führen eine Art kreativen Wettstreit darüber, wie die Geschichte weitergehen soll. Dabei entstehen viele witzige und überraschende Wendungen, denn Anne hat ganz eigene Vorstellungen davon, wie moderne Heldinnen handeln sollten.

Als schließlich Romeo (Raphael Groß) von den Toten zurückkehrt, wird es richtig turbulent. Julia steht nun vor der Wahl: Will sie in alte Muster zurückfallen oder ihrem eigenen Weg folgen? Ihre Entscheidung sendet eine klare Botschaft: Sie braucht keinen Mann, um erfüllt zu leben – sie reicht sich selbst. Auch May (Bram Tahamata), eine nicht-binäre Figur, bringt eine wichtige Perspektive in das Musical und steht exemplarisch für Selbstakzeptanz und individuelle Freiheit.

Gerade an einem Mitsingabend ist die Musik von zentraler Bedeutung! Das Stück ist ein Jukebox-Musical und basiert auf weltbekannten Pop-Hits des erfolgreichen Songwriters Max Martin und kommt mit Songs wie ›…Baby One More Time‹ (Britney Spears), ›Roar‹ (Katy Perry), ›I Want It That Way‹ (Backstreet Boys) und ›Since U Been Gone‹ (Kelly Clarkson) in leicht abgewandelten und neu orchestrierten Varianten daher. Die Songs werden nicht einfach eingespielt, sondern clever in die Handlung integriert.

Die bekannten Melodien bekommen durch die neue Kontextualisierung eine frische Bedeutung – mal emotional, mal empowernd, mal witzig.

»& Julia« ist ein unterhaltsames, modernes Musical mit einer starken feministischen Botschaft, viel Herz, Humor und großartiger Musik. Die Geschichte zeigt: Es ist nie zu spät, ein neues Kapitel aufzuschlagen – selbst wenn man eine der berühmtesten Figuren der Literaturgeschichte ist. Die Mitsingvariante gibt es für die, die wollen, nochmal am 25. Juli 2025 und die Produktion bleibt bis zum 01. Februar 2026 im Hamburger Operettenhaus.

Die Redaktion empfiehlt also: Salzpastillen lutschen, Stimme ölen und hin zu »& Julia«. Es lohnt sich! Und zig Zuschauer hörte ich beim Rausgehen sagen: »Oh, war das wunderbar!«