Musicalshow im Schlossgraben in Steyr: »Musical Fever 2.5«

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Das Musik Festival Steyr veranstaltete in diesem Sommer neben einer »One Night with Abba«- Show auch 2 Sonntagabende mit einer bunten Musicalshow. Austragungsort ist eine spezielle Location – der Schlossgraben von Schloss Lamberg. Am Rande der Innenstadt der oberösterreichischen Stadt Steyr gelegen, bietet diese Location einen besonderen Rahmen für eine Aufführung – wenn das Wetter mitspielt. Glücklicherweise gab es an beiden Abenden die Möglichkeit, das Hereinbrechen der Nacht im Schlossgraben mitzuerleben.

»Musical Fever 2.5« ist eine Fortsetzung einer während der Pandemie entstandenen Idee, ein Jukebox-Musical aufzuführen. Jedoch gibt es 2025 keine lose Abfolge von Hits, sondern es wurde von Antonia Pumberger (Regie) und Andreas Brencic (Musikalischer Leiter) eine kleine Story gebaut: Das Stück spielt in einem fiktiven Cabaret, die Darsteller bringen tagein, tagaus die gleiche Show auf die Bühne. Der Alltag geht ihnen selbst auf die Nerven, bis eines Abends ein neuer Darsteller im Cabaret vorsingt und dann auch engagiert wird. Dadurch wird der trübe Alltag neu aufgemischt und vieles kommt ins Wanken: Neue Gefühle verschieben Liebeleien und Freundschaften, es entstehen Fragen zur Zukunft, und all das verleiht dem ganzen Team eine neue Dynamik – Veränderungen stehen ins Haus. Auch wenn die Story an sich etwas »dünn« ist, passt es gut, und da es ein eher offenes Ende gibt (endlich mal wieder beweist ein Kreativteam Mut dazu!), ist es eben auch der Fantasie des Publikums überlassen, wie es weiter geht. Der Intendant des Festivals sagte dazu: »Wir wollten ein Musical schaffen, das ehrlich ist – nicht glatt, nicht inszeniert. ›Musical Fever 2.5‹ erzählt von Begegnung und Veränderung. Es sind zwei Abende voller Gefühl, Humor, Tiefe und musikalischer Wucht.« Und dem kann man nur zustimmen, das haben sie geschafft!

Für diese beiden besonderen Abende haben sich einige Darsteller aus vergangenen Produktionen in Steyr wiedergefunden: Rebecca Soumagné, Jil Clesse (auch für die Choreografie verantwortlich), Christian Funk, Michael Konicek, James Park und Nik Raspotnik. Dazu die 4-köpfige Band unter der Leitung von Andreas Brencic.
Auf der großen Bühne gibt es ein Bühnenbild, das praktisch die Bar im Cabaret auf der einen und den Backstage-Bereich auf der anderen Seite darstellt. Dies hat den Darstellern vielseitige Möglichkeiten für ihr Schauspiel gelassen. Im Hintergrund war eine große LED-Wand montiert, die nicht übertrieben bespielt wurde und eine gute Kulisse ergeben hat. Links und rechts auf der Bühne befanden sich 2 Emporen, die auch gut genutzt wurden und durch die sozusagen Locationwechsel stattgefunden haben. Und wenn man die Ausflüge in den Publikumsbereich mit dazurechnet, hat das Ganze sehr gut für die Show gewirkt, ohne aufwendig und übertrieben zu sein. Für das Publikum im Schlossgraben verschwamm es, wann ist das Gesprochene oder Gesungene ein Teil der eigentlichen Cabaretshow und wann ist es eher Backstage? Das hat dem Ganzen auch eine gewissen Touch gegeben.

Im Mittelpunkt der Show stehen Jil Clesse und Christian Funk – die beiden Hauptattraktionen im Cabaret, Funke ist auch der Conférencier. Clesse startete den Abend mit ›Willkommen‹ aus »Cabaret«, was gleich eine stimmgewaltige Eröffnung bedeutet, ein klassischer, aber gelungener Auftakt zur Show. Sie spielt mit den Worten wie etwa ›Willkommen meine Damen, Willkommen Söhne von Damen‹, gibt ihre Rolle der routinierten Darstellerin recht cool und etwas gelangweilt (nach der Eröffnungsnummer). Bei den weiteren Songs versteht sie aber bei jedem Einsatz ihre Stimme passend einzusetzen, im 2. Akt etwa bei ›My Days‹ aus »The Notebook«, was ein eher langsamer gefühlvoller Song ist.

Christian Funk tritt mit seinem ›Sweet Transvestite‹ aus der »Rocky Horror Show« (er spielte die Rolle 2024 bei dem Musik Festival Steyr) sehr sexy in den Abend und lässt seine Funken gleich ins Publikum überspringen – welches die Funken und die Energie sehr gerne aufnimmt. Vor der Show haben wir einige Stimmen von Besucherinnen gehört, die sich sehr auf den Darsteller freuten und hofften, dass er wieder als Frank’n’Furter auftritt…. Er bindet auch gleich den vermeintlich neuen Darsteller (James Park) mit ein und macht sich als Frank’n’Furter an ihn ran. Park sitzt da noch an der Bar des Cabarets und wartet dort, um vorsingen zu dürfen. Eine sehr gelungener Übergang! Park spielt sehr gut den nervösen Neuen, spricht sich selbst Mut zu und zieht das Publikum den ganzen Abend in seinen Bann. Mit seinem Auftakt mit ›Marry Me a Little‹ aus »Company« zu Beginn und besonders im 2. Akt bei ›Stars‹ aus »Les Misérables« ist er ganz klar vorne dabei bei den Highlights des Abends.

Die zweite Dame im Ensemble, Rebecca Soumagné, ist ob des Neuen gleich ganz nervös – im Laufe des Abends entwickelt sich da immer mehr zwischen den Beiden. Soumagné hat eine enorme Ausstrahlung auf der Bühne, sie spielt die junge Liebe sehr authentisch und bringt viel Spielfreude mit. Mit Songs wie ›Good Morning Baltimore‹ aus »Hairspray« oder als Sandy im »Grease«-Song ›Summer Nights‹ ist sie nicht nur gesanglich, sondern auch schauspielerisch ein sehr lebendiger Teil des Ensembles.

Eine gute Idee der Geschichte war, die beiden Barkeeper – Michael Konicek und Nik Raspotnik – mit in die Story aufzunehmen. Zu Beginn sind sie eher im Hintergrund und könnten auch gut Statisten sein, um eine bekannte Sektkellerei, deren Werbung an der Bar funkelt, in den Fokus des Publikums zu rücken. Jedoch entpuppen beide sich als zwei großartige Ensemblemitglieder, die zusammen etwa ›Ein ehrenwertes Haus‹ aus »Ich war noch niemals in New York« darbieten. Auch getrennt voneinander liefern sie einige Höhepunkte.
Raspotnik lässt als kräftiger Graf von Krolock mit seiner ›Unstillbare Gier‹ den Burggraben bei fast erreichter Dunkelheit besonders stark wirken. Wenn da nicht die eine oder andere echte Fledermaus nicht geflüchtet ist…
Michael Konicek bringt mit ›Any Dream Will Do‹ aus »Joseph« und ›Heaven On Their Minds‹ aus »Jesus Christ Superstar« zwei Highlights aus den religiös angehauchten Lloyd-Webber-Stücken. Besonders emotional berührt wurde das Publikum von ihm als letzten offiziellen Show-Song mit ›Leuchtturm‹ aus »Ich will Spaß«.

Bei der Auswahl der Songs hat das Kreativteam wirklich aus dem Vollen geschöpft – neben dem schon erwähnten »Joseph« wurden auch andere Solos und auch wunderbare Duette aus älteren Stücken wie ›A Step Too Far‹ aus »Aida« gebracht und tolle Ensembelnummern aus »Grease«, »Rebecca«, »Elisabeth« und »The Greatest Showman«.

Am Ende hatte das Ensemble noch mit ›Seasons of Love‹ aus »Rent« und ›You‘ll Never Walk Alone‹ aus »Carousel« noch Zugaben parat und hat dann auch mit ›Aquarius‹ aus »Hair« einen Vorgeschmack auf die Saison 2026 beim Musik Festival Steyr geliefert.

Es war rundum ein sehr gelungener Abend und man würde sich wünschen, dass die Organisatoren des Festivals sich bei so einer guten Leistung mehr Mühe geben, den Schlossgraben zu füllen, um die großartige Leistung der Darsteller auch besser zu würdigen. So bleibt nur zu hoffen, dass es weitere Ausgaben von »Musical Fever« geben wird.