CD des Monats: Juli 2025

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Maybe Happy Ending Original Broadway Cast 2024

Seoul, irgendwann in einer nicht allzu fernen Zukunft. Oliver und Claire leben Tür an Tür in ihren kleinen Apartments und gehen ihren täglichen Routinen nach. Eines Tages klopft sie bei ihm, um sich ein Ladekabel auszuleihen, und eine Quasi-Liebesgeschichte nimmt ihren Lauf. Quasi? Der Clou an der vermeintlich banalen Ausgangssituation: Bei Claire und Oliver handelt es sich um Androiden, also Roboter, die wie Menschen aussehen und entwickelt wurden, um »echten« Menschen im Alltag zu helfen. Unsere beiden Protagonisten nun wurden von ihren ehemaligen Besitzern in einem Heim für »Roboter im Ruhestand« zurückgelassen. Problematisch wird es, als Oliver erfährt, dass der Ersatzteil-Support für sein Modell eingestellt wird. Claire hingegen ist zwar ein neueres Modell, dafür aber wesentlich störanfälliger. Gemeinsam begeben die beiden sich auf die Suche nach Olivers früherem Eigentümer…

»Maybe Happy Ending«, das bei allem Charme und aller oberflächlichen Leichtigkeit auch als Kommentar auf unsere hochtechnisierte, die Menschen dabei aber mehr und mehr isolierende Zeit betrachtet werden kann, wurde von Hue Park und Will Aronson entwickelt, die beide gemeinsam Buch und Texte (in zwei parallel entstandenen Fassungen auf Englisch bzw. Koreanisch) schrieben, während Aronson allein die Musik komponierte. Bereits die Weltpremiere 2016 in Korea war ein Erfolg bei Kritik und Publikum; die Broadway-Produktion, die im November 2024 startete, räumte bei den Tony Awards dieses Jahr mit sechs Preisen, darunter in den wichtigen Kategorien »Bestes Musical«, »Bestes Buch« und »Beste Partitur«, ab. Nun liegt die Castaufnahme vor, vorbildlich ausgestattet mit einem Booklet, das keine Wünsche offen lässt.

Aronsons Kompositionen vereinen Jazz (Oliver hat eine Vorliebe für diesen Musikstil) und zeitlose Theatermusik, irgendwo zwischen Stephen Sondheim, William Finn und Alan Menken. Manches klingt regelrecht altmodisch, besonders im Kontext anderer aktueller Broadway-Produktionen, die verstärkt auf leichtgewichtigen Pop setzen. In Will Aronsons Partitur muss man sich also vielleicht erst ein wenig einhören, dafür wird man aber mit vergleichsweise mehr Tiefe, Substanz und Nachhaltigkeit belohnt. Lieder wie die sich als roter Faden durchs Stück ziehende Jazz-Nummer Why love im Stil der alten Standards (gesungen von Dez Duron als Gil Brentley, Olivers Lieblingssänger), World within my room, Where you belong, How not to be alone, When you’re in love oder der Titelsong bleiben hängen. Hübsche instrumentale Zwischenspiele sorgen für zusätzliche Stimmung und Atmosphäre. Die vom Komponisten selbst erstellten Orchestrierungen für zehn Spieler decken mit einem Streichquartett und kleiner Jazzcombo inklusive Bläsern alle für die Klangwelt des Werks nötigen Facetten ab. John Yun leitet das Orchester kompetent vom Keyboard aus.

»Maybe Happy Ending« ist, bis auf wenige Momente, im Wesentlichen ein Zwei-Personen-Stück. In den Rollen von Claire und Oliver tragen ergo Helen J Shen und Darren Criss (ebenfalls für seine Leistung mit dem Tony Award ausgezeichnet) das Musical ebenso wie das Castalbum – und das tun sie ganz hervorragend. Wie sie zu Beginn subtil verkörpern, dass sie eben keine Menschen sind, sondern hochkomplexe Maschinen, dies den Hörer aber im Verlauf der Handlung vollständig vergessen lassen, so dass man mit den beiden mitfühlt, ist toll gespielt (und gesungen).

Fazit: Ein liebenswertes Zwei-Personen- bzw. Zwei-Roboter-Stück mit angenehm nostalgischer Musik.

27 Titel

61:46 min

CD im Jewel-Case mit 32-seitigem Booklet mit Credits, Synopsis, Liner Notes, Songtexten und Fotos

Songliste:

01. Why Love
02. World Within My Room
03. The Way That It Has to be
04. Charger Exchange Ballet
05. Where You Belong
06. Tell Me About Fireflies, Please
07. Hitting the Road, Pt. 1
08. Goodbye, My Room
09. Hitting the Road, Pt. 2
10. The Rainy Day We Met
11. Jenny
12. How to Be Not Alone
13. Hitting the Road, Pt. 3
14. What I Learned from People
15. Why Love: Jame’s Piano Solo
16. Chasing Fireflies
17. Never Fly Away
18. A Sentimental Person
19. When You’re in love
20. Touch Sequence
21. Then I Can Let You Go
22. Goodbye, My Room (Reprise)
23. Maybe Happy Ending
24. Memory Sequence
25. Why Love (Reprise)
26. Finale
27. Bonus Track: Why Love (Live in Amsterdam, May 1948)