Gestern Abend kam, nach mehreren Stationen, nun Ralph Siegels »Ein bisschen Frieden« nach München in seine Heimat. Die Produktion wurde schon im Vorfeld vom Schicksal Heinz Hoenigs begleitet und auch Siegel selbst leidet offenkundig gesundheitlich. Darum war es umso schöner, seine persönliche Emotionalität im Anschluss an die Premiere zu erleben – sichtlich geht hier ein Lebenstraum in Erfüllung.
Das Stück selbst wurde von Regisseur Benjamin Sahler nun das dritte Mal neu inszeniert und für die Münchner Bühnenverhältnisse angepasst. Auch inhaltlich gab es ein paar neue Schwerpunkte, so wurde weit mehr Gewicht auf die Ost – West – Geschichte gelegt. Durch die Überarbeitungen kam es dann leider auch zu ungewollten Längen; die ständigen szeneriebedingten wechselnden Bühnenumbauten hemmten den Fluss des Stückes leider zusätzlich. Hier wäre weniger mehr gewesen, gezielte Straffungen würden generell dem Buch von Ronald Kruschak guttun. Die Musik stammt komplett von Ralph Siegel, anders als der Titel vermuten lässt, ist es aber bei weitem keine Auflistung seiner größten Hits, sondern eine Kombination aus eher unbekannteren Liedern und extra für das Stück geschriebenen Songs. Auch hier wäre die ein oder andere Kürzung wohltuend: Dass in dem Nachtklub gleich drei Lieder hintereinander gesungen werden, ist zwar schön anzuhören, aber nicht nur dort wurden die Lieder nicht im Sinne der Weiterführung der Geschichte eingesetzt, sondern erfüllen ausschließlich den Zweck gut anzuhörender Musik –dann hätten die gespielten Lieder allerdings mehr von Siegels Kompositionstalent gebraucht, welches er an anderen Stellen seines Repertoires ja mehrfach bewiesen hat.
Die Geschichte handelt von Oma Elisabeth, die durch einen Zeitungsartikel herausfindet, dass ihre ehemals große Liebe entgegen den anders lautenden Berichten die Flucht aus der DDR vor 45 Jahren überlebt hat und nun in England eine Karriere als Straßenmusiker lebt. Gemeinsam mit ihrer Enkeltochter, die ihrerseits auch von der großen Karriere als Sängerin träumt, macht sie sich auf nach Brighton, England. In Rückblenden wird dann die Liebesgeschichte von Ricky und Elisabeth erzählt und bis zum Happy End werden so einige »Missverständnisse« aufgeklärt.
Bei den Darstellern standen in den Hauptrollen eine sehr süße, wohlintonierende Jennifer Siemann mit ihrem späteren Gegenpart Michael Thurner als Tom auf der Bühne. Dieser sang gut und vermittelte schauspielerisch gekonnt den Charme eines ambitionierten Straßenmusikers. Die jüngere Version des Paares Ricky und Elisabeth wurde von Münchner-Freiheit-Sänger Tim Wilhelm und Madeleine Haipt gesungen und gespielt. Beide machten ihre Sache gut, standen allerdings etwas im Schatten ihrer älteren Versionen, die sehr überzeugend und gesanglich intensiver von Dan Lucas und Sonia Farke dargestellt wurden. Die tatsächlich rein für Prominente erdachten Rollen ohne Mehrwert für die Geschichte oder schauspielerischen Anspruch wurden von Simone Ballack und Alexander Kerbst dargestellt. Kerbst hatte zumindest inhaltlich noch ein bisschen Gewicht, wenngleich diese Storyline gefühlt auch nur eine von vielen, die abgehakt werden sollten, war. Gesanglich absolutes Highlight der Show waren die Auftritte von Stefanie Black. Ihr gehörte mit ›Never give up‹ auch der stärkste Song, von dieser Bühnenenergie hätte man sich weit mehr gewünscht!
Man hätte Siegel einen runderen Abend gewünscht, aber das Stück scheitert an den Ansprüchen an sich selbst – es scheint, als würde zu viel gewollt, dabei würde die Geschichte der Ost-West Liebe mit weit weniger weit besser funktionieren und vor allem emotional mehr berühren. So war das, was wirklich berührte an dem Premierenabend, Siegels Auftritt beim Schlussapplaus. Vielleicht werden die Publikumsreaktionen ja genutzt und das Stück jetzt in der Münchner Laufzeit weiter optimiert. Bei all dem Herzblut, welches Siegel offenkundig in seine Werke steckt, wäre ihm ein Erfolg zu gönnen.
Weitere Informationen und Tickets: https://www.deutsches-theater.de/ein-bisschen-frieden