Und da ist sie schon wieder: Audrey II, die fleischfressende Pflanze, zunächst ganz unschuldig in dem Blumenladen von Mr. Mushnik in der Skid Row, die so gerne Blut trinkt, um zu wachsen. Zunächst erscheint sie bei Seymour Krelborn, der die Pflanze während einer Mondfinsternis beim Chinesen gekauft und sie nach seiner Kollegin Audrey, in die er verliebt ist, benannt hat.
Doch die »kleine« Pflanze hat noch ganz andere Talente. Sie sorgt dafür, dass der Blumenladen plötzlich floriert und Seymour berühmt wird ‒ und sie wächst und hat Hunger. Sie fängt plötzlich an zu sprechen und macht Seymour klar, was sie will: Sie will Blut, frisches Blut, Menschenblut.
Und so nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Denn während das erste Opfer, der sadistische Freund von Audrey I, der Zahnarzt Orin Scrivello ist, der eher zufällig stirbt und den eigentlich niemand wirklich vermisst, wird es danach schon deutlich schwieriger, neue Nahrung für Audrey II zu finden. Schließlich wird klar, was diese Pflanze wirklich will: Sie will die Weltherrschaft.
So wird »Der kleine Horrorladen« Ausgangspunkt einer schaurig schönen Geschichte, die bereits 1960 mit dem Film »The Little Shop of Horrors« begann, 1982 ein Musical wurde und schnell Kultstatus erreichte. Denn neben einem bisschen Grusel und viel Spaß hat das Musical auch tolle Musik und Texte von den Oskar-Preisträgern Alan Menken und Howard Ashman.
Die Münchener Produktion ist eine Zusammenarbeit mit dem Festspielhaus Neuschwanstein, wo das Stück am 06. Juni unter der Regie von Dirk Schattner und Benjamin Sahler aufgeführt wurde (wir berichteten darüber). So kommt es auch, dass ein großer Teil des Ensembles in München mit dabei ist.
Allerdings ist die Bühne des Deutschen Theaters ein bisschen kleiner als in Füssen, was das Stück noch kompakter macht und das Bühnenbild noch besser in Szene setzt.
Premierenbesetzung in München:
In der Rolle der Audrey I spielte die Premiere Stefanie Gröning, mit piepsiger Stimme, sexy Outfit und hinreißend naiv. An ihrer Seite Michael Konicek als Seymour, liebenswert, ein bisschen trottelig und knuffig. Beide perfekt in ihren Rollen.
Der absolute Star allerdings ist Audrey II. Die Pflanze, die von Franziska Pietsch bewegt wird und die seit ihrer Zeit in Füssen deutlich aktiver geworden ist, sich über den Ladentisch bewegt, um vielleicht noch jemanden schnappen zu können, und in ihrem großen Topf sogar Seymour verfolgt.
Ihre eindrucksvolle Stimme bekommt Audrey II von Chris Murray geliehen, der sie vom Orchestergraben aus nicht nur jammern, schlabbern, quietschen oder grollen lässt, der lauthals »Hunger« schreit und der mit ›Gib‘s mir‹ oder ›Essenszeit‹ auch stimmgewaltig mehr Essen fordert. Man kann hören, wie viel Spaß er dabei hat.
Sein erstes Opfer, der sadistische Zahnarzt Orin Scrivello, wurde herrlich abstoßend von Multitalent Alexander Kerbst gespielt, der neben dem Zahnarzt auch noch weitere Rollen im Stück übernimmt, besonders am Ende des Stücks ‒ besonders gelungen sein Sächsisch.
Mr. Mushnik, Ladenbesitzer und beinahe Vater von Seymour, spielte an diesem Tag Lutz Thase, der mit Seymour einen flotten Tango auf die Bühne legt, bevor er Audrey II zum Opfer fällt
Nicht vergessen zu erwähnen sollte man die drei Soulgirls Christal (die stimmgewaltige Angelika Erlacher), Ronnette (Theresa Mandlik) und Chiffon (Nicki Burton) sowie das Ballett, die zu den Choreografien von Stefanie Gröning und Selina Kohl die Szenen tatkräftig gesanglich und tänzerisch unterstützen.
Für die fetzige Musik sorgt eine fünfköpfige Band unter der Leitung von Christian Auer (Klavier). Mit dabei am Keyboard Zlatko Kresic, am Bass Stefan Hölzl, an der Gitarre Derek Singleton und an den Drums Ulrich Jenne.
Der Vollständigkeit halber seien auch kurz die Alternativbesetzungen erwähnt, die jedoch in Füssen schon öfter ihre Rollen gespielt haben und auch in München in einzelnen Shows zu sehen sind: Audrey I Madeleine Haipt, Seymour Thomas Hiermeier, Orin Scrivello Hannes Staffler und Mr. Mushnik Jens Rainer Kalkmann.
Ihnen allen merkt man an, wieviel Spaß das Stück macht. Wenn Sie auch einen netten, lustigen, skurrilen Abend erleben wollen, haben Sie nur noch am 9.8. um 15.00 und 19.30 Uhr oder am 10.8.2025 um 14.30 Uhr dazu im Deutschen Theater in München Gelegenheit. Danach hat sich Audrey II in München durchgefuttert und zieht zurück ins Festspielhaus Neuschwanstein, wo sie im Januar 2026 wieder auf der Suche nach neuen Opfern sein wird.