Bis unter das Dach gefüllt war das Stage Theater des Westens am Abend der Berliner Premiere von »Elisabeth – Die gefeierte Schönbrunn-Version«. Diese Version, die nun schon seit einigen Wochen auf Tour durch Deutschland ist, zeigt das Erfolgsmusical von Michael Kunze und Sylvester Levay quasi in einem Schnelldurchlauf, ohne Dialoge und mit gekürzten Songs, faktisch keinem Bühnenbild, minimalistischen Kostümen, dafür aber mit einem Orchester auf der Bühne, ähnlich wie man es auch von der klassischen »Chicago«-Inszenierung kennt. Rechts und links die Musiker, in der Mitte eine Treppe, auf der sich ein bekletterbarer Rahmen befindet, der mal als Schaukel fungiert, mal als Tür, mal als Podest für die Todesengel mit ihren schwarzen Flügeln (Bühnenbild Britta Tönne).
Das, was Schönbrunn allerdings ausgemacht hat und es letztendlich eine gefeierte Version werden ließ, fehlt – nämlich die Atmosphäre, die es dem Schloss zu verdanken hatte. Diese lässt sich nicht mit auf Tour nehmen; um der Bühne dennoch einen Rahmen zu geben, wurde von Michael Balgavy schon für die erste Tour durch Asien ein Videodesign geschaffen, welches sich farblich am Lichtdesign von Michael Grundner orientiert und sich so, teils mit modernen Bildsequenzen, teils mit historischen Akzenten, nahtlos in das 2019 kreierte Konzept von Gil Mehmert einfügt. Auch die Anzahl der Musiker ist im Gegensatz zu Schönbrunn reduziert, noch immerhin 19 finden sich auf der Bühne wieder, die an dem Abend von Ratan Jhaveri dirigiert wurden und mit viel Energie die zeitlose Musik Levays spielten.
Elisabeth wird hier in Berlin von einer stimmlich sehr starken und insbesondere in den fortgeschrittenen Lebensjahren Elisabeths schauspielerisch glänzenden Roberta Valentini gespielt. Lucheni wurde von Robin Reitsma mit dem nötigen Charisma, das die Rolle verlangt, verkörpert. Lukas Mayer als Tod kehrt wieder zurück zu den androgynen Wurzeln der Rolle und stellt optisch wie auch gesanglich beeindruckend die starke Figur dar. Gesanglich hervorzuheben ist Masha Karell als Erzherzogin Sophie, mit akzentuierter Aussprache und klarer, schöner Stimme voller Kraft unterstreicht sie die Macht der Figur. Dennis Henschel als ihr Sohn und Sisis Mann ist leider vor allem grimmig. Das ist schade, denn gesanglich schafft er die Rolle mühelos. Als kleiner Rudolf stand am Premierenabend Emma auf der Bühne, sie machte ihre Sache sehr gut. Als erwachsener Rudolf kehrte Dennis Hupka zurück ins Theater des Westens. Claus Dam als Herzog Max in Bayern und Janis van Dorsselaer als Herzogin Ludovika / Frau Wolf runden die Riege der Hauptdarsteller ab, ergänzt werden sie durch ein gesanglich stets starkes Ensemble.
Die Kostüme von Yan Tax wirkten vermutlich auf die Weite der Version in Schönbrunn und unter dem Aspekt der möglichen Witterungen einer Open-Air-Inszenierung besser als hier im Theater des Westens. Sie wurden anteilig älteren Inszenierungen nachempfunden, wirkten aber nicht so elegant, wie man es sich, speziell bei Hofe, vorstellen würde. Die Choreografien, die Simon Eichenberger 2019 schuf, erinnern insbesondere am Anfang einen Hauch an die Untoten, wenn sie aus ihrer Gruft steigen, diese Reminiszenz verliert sich dann glücklicherweise aber im Laufe des Stückes, und wenngleich es nicht mit einer vollständigen Show zu vergleichen ist, kommen immer wieder tänzerische Momente zum Glänzen. Das Regiekonzept von Mehmert funktioniert so weit gut, vieles ist intelligent gelöst und zumindest dann, wenn man das Stück schon einmal szenisch durchinszeniert gesehen hat, lassen sich selbst mit kleinen Andeutungen sofort Bilder im Kopf kreieren, die aufzeigen, was nun eigentlich auf der Bühne passiert. Der große Nachteil der Schönbrunn-Version ist allerdings, dass durch die vielen Kürzungen auch viele sinnvolle Elemente verloren gehen. Was den Abend aber dennoch sowohl sehr hörens- als auch sehenswert macht, ist die hervorragende Cast, die stimmlich und schauspielerisch, soweit bei einer konzertanten Aufführung möglich, stark glänzt.
Die Tour wird auch nach Berlin noch an mehreren Spielorten zu sehen sein, unter anderem in Oberhausen, Dresden und Füssen. Alle, die das Stück mögen, werden von dem Abend dort ganz sicher nicht enttäuscht sein und sich freuen, neue Gesichter / Stimmen entdecken und bereits bekannte wieder hören zu dürfen.
Weitere Informationen und Tickets:
Elisabeth – Das Musical zurück in Deutschland!
Dies ist eine gekürzte Version des Artikels, der in der kommenden Ausgabe unserer blickpunkt musical Nr. 134 / 02-2025 erscheinen wird.